© Martin Wymann

«König vode Alpä»

Die Diemtigtaler
Steinwildkolonie

13. Steinwildkolonie des Kantons Bern

Weshalb fühlt sich das Steinwild im Naturschutzgebiet Spillgerten so wohl?

2001 wurden die ersten «Diemtigtaler Steinböcke» im Naturschutzgebiet Spillgerten, am Talabschluss des Diemtigtals, angesiedelt. Insgesamt fanden im Zeitraum von 2001 bis 2003 fünf Böcke und ebenso viele Steingeissen im Gebiet Wildgrimmi ihr neues Zuhause. Heute zählt die 13. Steinwildkolonie des Kantons Bern rund 180 Tiere und erfreut sich bester Gesundheit. Eine erzählenswerte Erfolgsgeschichte, deren Gelingen rückblickend nicht immer selbstverständlich war. Was sprach vor zwanzig Jahren für die Wiederansiedlung dieser Wildtierart im Diemtigtal und welche Bedenken gab es ernst zu nehmen? 

© Martin Wymann

Bildungsanlässe im Naturpark Diemtigtal

Veranstaltungen zu Naturthemen, Exkursionen und Vorträge stehen jährlich in der Naturpark-Agenda. Sie werden jeweils als Halbtages-, Tages- oder Mehrtagesanlässe an einem besonders gut geeigneten Standort im Diemtigtal durchgeführt.

Wenn immer möglich ziehen wir Leistungsträger und Fachleute aus dem Diemtigtal bei. Das macht die Veranstaltungen lehrreich, lebendig und vielseitig – für alle.

Dem Steinwild auf der Spur

Wiedereinbürgerung des Steinwildes im Kanton Bern

Nach der letzten Eiszeit besiedelte der Steinbock weitab von menschlichen Behausungen meist die Gebiete oberhalb der Waldgrenze. Als ab der ersten Jahrtausendwende unsere Vorfahren ihre Siedlungen bis über die Waldgrenze hinaufzogen, wurde der Jagddruck auf die scheuen Tiere, die sich «nur» in nächste Felsen flüchteten, immer grösser. Der Mensch engte durch die Rodung von Waldflächen zugunsten von Weiden nicht nur seinen Lebensraum ein, sondern jagte ihn auch als Fleischlieferant und primär für medizinische Zwecke. Das Aufkommen der Feuerwaffen im 16. Jahrhundert führte zu einer intensiveren Bejagung. Als Folge war der König der Alpen im 18. Jahrhundert nicht nur in der Schweiz, sondern praktisch im ganzen Alpenraum ausgerottet. Einzig im Aostatal im Jagdrevier der italienischen Könige blieb ein lokaler Bestand erhalten.

Etliche Steinkitze aus dem italienischen Gran Paradiso bildeten den Grundstock für das Zuchtprogramm im St. Galler Wildpark Peter und Paul zur Wiedereinbürgerung des Steinwilds in der Schweiz. Der Kanton Bern spielte bei der Schweizer Wiedereinbürgerung eine wichtige Rolle. So züchtete der Alpenwildpark Harder als zweiter Schweizer Wildpark reinblutige Steinböcke mit dem Ziel, sie in den Bergen auszusetzen. Die Interlakner Zucht wurde insbesondere deshalb wichtig, weil der Tierpark Peter und Paul wegen Krankheiten keine Tiere mehr liefern konnte.

Am 10. Juni 1921 wurden vier Geissen und drei Böcke beim Wannichnubel am Hardergrat in die freie Wildbahn entlassen, ein Jahr später nochmals fünf Tiere am selben Ort. Allesamt zogen sie noch im selben Sommers ans Augstmatthorn weiter. Als die Kolonie am Augstmatthorn immer grösser wurde, nahmen die Klagen aus der Land- und Fortswirtschaft über Schäden zu und Forderungen nach Abschüssen wurden laut. Die Wildhut und der Alpenwildpark im Kanton Bern entwickelten daraufhin eine Methode zum Einfangen von Steinböcken in freier Wildbahn. Somit wurden nicht nur Schäden verhindert, es wurde auch möglich, Tiere einzufangen und an anderen Orten wieder auszusetzen und neue Kolonien zu gründen. 13‘000 Steinböcke lebten 2006 bereits wieder in der Schweiz, davon rund 1000 im Kanton Bern. 

Steinwild im Diemtigtal: ein zeitlicher Abriss

Die Idee der Ansiedlung von Steinwild im Naturschutzgebiet Spillgerten stammt aus dem Jahr 1999. Der damalige Wildhüter R. Kunz nahm die Idee seines Vorgängers A. Stauffenegger auf, der bereits in den 80-er Jahren plante, im Diemtigtal Steinwild anzusiedeln, dies aber aufgrund von Widerständen in der Bevölkerung zweimal nicht umsetzen konnte.

Im Juli 1999 stellte R. Kunz dem Biologen und Steinwildexperten Dr. phil. nat. P. Lüps die Anfrage für eine interne Gebietserkundung im Raum Seehore, Alpetli–Fromatgrat, Wildgrimmi, Spillgerten. Die Idee und das vorgesehene Gebiet wurden von P. Lüps als realistisch und geeignet beurteilt. Im August kam es zur offiziellen Begehung mit P. Lüps, dem damaligen Jagdinspektor des Kantons Bern P. Jüsy und den beiden lokalen Wildhütern W. und R. Kunz. 

Im September des darauffolgenden Jahres fand die Gebietsbegehung mit allen 35 Beteiligten der Projektbegleitgruppe statt. Der damalige Diemtiger Gemeinderatspräsident, Jakob Werren, äusserte sich während der Begehung wie folgt: «In einem Tal mit 130 km2 Fläche haben neben 4000 bis 5000 Schafen sicherlich auch noch zehn bis zwanzig Steinböcke Platz!» Diese Worte haben dem Vorhaben talintern höchstwahrscheinlich Tür und Tore geöffnet. 

Anfangs 2001 lagen alle Bewilligungen vor und die Auswilderung der ersten Tiere fand am 11. Mai 2001 statt: Steinbock Peter und Steingeiss Elisabeth wurden unterhalb des Ankenstocks im Wildgrimmi ausgesetzt. Weitere Tiere folgten mit den Steinböcken Ruedi und Christian und der Steingeiss Rega. 2002 wurden vier weitere Tiere und 2003 die letzte Steingeiss im Gebiet ausgewildert. Die heute zwanzigjährige Kolonie mit geschätzt gut 180 Tieren geht auf diese zehn wiederangesiedelten Tiere zurück.

Gut zu wissen!

2001

wurden die ersten «Diemtigtaler Steinböcke» im Naturschutzgebiet Spillgerten angesiedelt

180  Tiere

rund zählt die Diemtigtaler Steinwildkolonie heute

13000  Steinböcke und -Geissen

lebten 2006 wieder in der Schweiz

Mit einem Fernglas lässt sich die Steinwildkolonie gut beobachten